Morbach-Wederath. Professor Gregor Hoogers vom Umweltcampus Birkenfeld weist auf das Potenzial des Brennstoffzellen-Antriebs mit Wasserstoff hin. Vor allem der LKW-Verkehr könnte damit CO2-neutral werden.
So könnte es in der Region in der Zukunft einmal aussehen: Wasserstoff wird da erzeugt, wo die Energie ist: Bei den Windkraftparks.
Wie sollen schwere LKW CO2-neutral fahren und welche Vorteile bietet die Brennstoffzellen-Technologie? Während E-Autos mit Batterieantrieb in aller Munde sind, führt diese Technik, bei der der Antrieb ebenfalls elektrisch erfolgt, die Elektrizität aber aus Wasserstoff erzeugt wird, ein Nischendasein.
Professor Gregor Hoogers vom Umwelt-Campus Birkenfeld erklärte in einem Vortrag der Friedrich-Naumann-Stiftung im Archäologiepark Wederath bei Morbach die Vorteile und Besonderheiten dieser Technik, die es eigentlich schon sei vielen Jahrzehnten gibt. „Es geht um nichts weniger als unsere zukünftige Mobilität. Werden wir batterie-elektrisch fahren oder mit einer Brennstoffzelle im Auto?“, fragt Hoogers.
„Deshalb können Autos in großen Zahlen nicht schnell geladen werden, geschweige denn Lastkraftwagen. Dazu müsste an jeder E-Ladestelle ein Kraftwerk stehen“, erklärt Hoogers das Problem. Um schnell zu laden, müsse die Energie auch schnell zur Batterie des Autos fließen. Das erfordere aber eine entsprechend angelegte Infrastruktur – sprich: wesentlich dickere Kabel, die die hohe Energie, die in kurzer Zeit fließen soll, überhaupt transportieren können.
Probleme im städtischen Bereich: Das betreffe vor allem den städtischen Bereich. Hoogers: „Für den städtischen Bereich ist nicht erkennbar, wie Bewohner von Mehrfamilienhäusern ihre Batteriefahrzeuge aufladen können.“ Autos, die auf wechselnden Anwohnerparkplätzen oder in Tiefgaragen stehen, könnten nicht an das eigene Stromnetz angeschlossen werden. Zudem müssten die Stromkabel kostspielig flächendeckend erneuert und verstärkt werden, um den hohen Ladestrom überhaupt transportieren zu können. Wasserstoff hingegen könne man wie auch Benzin oder Diesel ganz normal tanken. Dazu könnte das bereits vorhandene Tankstellennetz genutzt werden.
Vorhandenes Tankstellennetz nutzen: Autos mit Brennstoffzellenantrieb könnten so ihre Vorteile ausspielen: „Diese Autos können ganz normal wie auch Autos mit Verbrennungsmotoren in wenigen Minuten betankt werden. Denn sie erzeugen den Strom für ihre Elektromotoren nach Bedarf selbst aus dem Wasserstoff im Tank.“ Das sei der fundamentale Unterschied zum Fahren mit Batteriestrom.
Vorteile im Güterverkehr: Im Bereich Güterverkehr mit LKW käme man ohnehin nicht an der Brennstoffzelle vorbei, ist sich Hoogers sicher. Er rechnet vor: „Ein LKW mit 40 Tonnen Ladekapazität müsste eine 14 Tonnen schwere Batterie mit sich führen, um dieselbe Reichweite zu haben wie ein LKW mit Verbrennungsmotor. Das rechnet sich nicht. Ich sehe keine Möglichkeit, LKW, die lange Strecken zurücklegen sollen, mit Batterien zu betreiben.“
Aber auch im PKW-Bereich, besonders im Bereich schwerer PKW sieht Hoogers einen Einstiegsmarkt, denn dort käme man mit Batterielösungen nicht weiter.
Die Politik sei bisher oft den Weg des geringsten Widerstandes gegangen. „Betrachten Sie das Glühlampenverbot: Nur ein Prozent des privaten Energieverbrauchs geht auf Beleuchtung zurück, das wirkt sich kaum aus. Ähnlich ist es mit dem Strohhalmverbot oder der Abwrackprämie. Ich halte finanzielle Kaufanreize generell für die falsche Lösung. Es muss in der Öffentlichkeit deutlich werden, dass E-Mobilität sowohl mit Batterie als auch mit Brennstoffzelle umsetzbar ist.“ Die E-Mobilität sei ohnehin schon längst da: Drei Millionen Pedelecs laufen in Deutschland auf der Straße, und das ohne Förderung, so Hoogers.
China stellt schon um: In China habe man bereits festgestellt, dass der Gütertransport über weite Strecken Brennstoffzellen-LKWs benötigt. Allein zehn chinesische Automobilfirmen arbeiten an derartigen Antrieben.
Wie wird nun der Wasserstoff erzeugt? Die kostengünstigste und technisch im Moment dominante Variante sei derzeit die Herstellung aus Erdgas, erläutert Hoogers. 50 Prozent des heute weltweit erzeugten Wasserstoffs werde in Raffinerien für unsere heutigen Kraftstoffe hergestellt. Es geht aber auch schon in der Erzeugung umweltfreundlicher und CO2-neutral. Hoogers: „Man kann weiterhin Wasserstoff durch Elektrolyse herstellen. Das ist dann praktisch die Umkehrung der Reaktionen, die in der Brennstoffzelle ablaufen, wie sie im Auto verwendet wird. „Essenziell ist hierfür, dass wir endlich im Ausbau der erneuerbaren Energien wieder vorankommen.“, fordert der Wissenschaftler und weist einen möglichen Weg in der Region auf.
Wasserstoff in der Region erzeugen: In der Mosel-Hunsrück-Region mit ihren vielen CO2-neutralen Windkraftanlagen, aber auch mit den Wasserkraftanlagen an den Mosel-Staustufen könnte vor Ort Wasserstoff erzeugt werden. Hoogers: „Windparks kann man mit einem überschaubarem Aufwand mit einem Elektrolyseur nachrüsten und daran eine Wasserstofftankstelle anschließen. Ideal wäre ein Standort, an dem heute eine Erdgastankstelle steht. Die Anlagen zur Erzeugung von Wasserstoff, die sogenannten PEM-Elektrolyseure, gibt es schlüsselfertig im Containerformat; sie ließen sich also dezentral dort, wo der Strom erzeugt wird, einsetzen. So müssten Windkraftanlagen bei Überkapazitäten nicht mehr abgeschaltet werden, sondern könnten dann Wasserstoff erzeugen.
Das Tankstellennetz: Es gibt rund 100 Tankstellen in Deutschland, viele in Hamburg und Berlin, in Rheinland-Pfalz gibt es eine Tankstelle in Koblenz-Metternich an einem Autohof. Die nächstgelegenen sind in den benachbarten Bundesländern Nordrhein-Westfalen (Aachen) und Hessen (Wiesbaden).
Beispiele für die Nutzung: In Deutschland fährt ein mit Wasserstoff angetriebener Zug der Firma Alstom Coradia iLint in Hessen. Wasserstoffbusse fahren in Chicago, Van Hool in Belgien produziert ebenfalls Personenbusse mit Wasserstoffantrieb.
Die Kosten: Zirka 9,50 Euro pro Kilogramm Wasserstoff mit einer Reichweite von zirka 100 Kilometern. Das ist ein vergleichbarer Preis wie heute bei Diesel und Benzin und wird pro Kilogramm verkauft. Die Kosten sind vergleichbar für den Verbraucher. Aber der Preis ist momentan künstlich festgesetzt. Netto könnte er nur 1,30 Euro kosten, vor allem aus Erdgaserzeugung. Dann wäre es immer noch CO2 neutraler als mit dem heutigen Strommix.
Mögliche Gefahren: Explosionsgefahren gibt es nicht, die Fahrzeuge sind alle vom Tüv zugelassen, erläutert Hoogers. Die Fahrzeuge haben einen Tank aus Kohlenstofffaser, der in der Regel einen Unfall übersteht. Wird Wasserstoff freigesetzt, verpuffe dieser in die Atmosphäre.
Autos auf dem deutschen Markt:
Zwei Serienfahrzeuge sind derzeit käuflich erhältlich. Der Hyundai Nexo bietet eine Reichweite von zirka 750 Kilometern, hat 163 PS, und kostet ab 69 000 Euro. Toyota hat den Mirai im Programm. Die Limousine hat 500 Kilometer Reichweite, 154 PS und kostet ab 76 000 Euro. Mercedes-Benz hat eine Variante des GLC mit einer Wasserstoffzelle mit zusätzlicher Batterie zunächst in begrenzter Zahl für ausgewählte Kunden als Leasing-Modell in seinem Angebot.
Schon seit den 1950er Jahren im Einsatz: Brennstoffzellen, die mit Wasserstoff elektrische Energie erzeugen, seien schon seit den 1950er Jahren im Einsatz, unter anderem in U-Booten, in der Raumfahrt, als Notstromsysteme und auch schon in Autos erprobt. Mercedes Benz hatte bereits 1997 einen Prototyp vorgestellt. Der fundamentale Unterschied zur batteriebetriebenen E-Mobilität: „Autos mit Brennstoffzellen erzeugen die benötigte elektrische Energie aus ihrem Wasserstofftank selbst. Damit haben sie eine Reichweite von bis zu 700 Kilometern, wie wir es bisher gewohnt sind“, sagt Hoogers.
Physikalische Grenzen der Batterie-Mobilität: Die geringe Reichweite sei einer der Nachteile von batteriebetriebenen E-Autos, in diesem Bereich könnten Autos mit Wasserstoffantrieb punkten. Ein weiterer Nachteil der staatlich geförderten E-Mobilität mit Batterie sei die Ladezeit, denn ihr stünden schlichtweg physikalische Gesetze im Wege, so Hoogers. Die Begriffe „Leistung“ und „Energie“ würden oft miteinander verwechselt. Als Leistung bezeichne man die in einer gewissen Zeitspanne umgesetzte Energie. Und um eine Batterie schnell zu laden, benötige man hohe Leistung.
Quelle: 23. Januar 2020, Trierischer Volksfreund, Hans-Peter Linz
Foto: picture alliance/dpa/Andreas Arnold
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