Allgemein

Probesitzen im kleinsten Kino des Landes

18. Dezember 2018

Die Hunsrücker Kulturszene ist um eine Attraktion reicher: Im Kino Heimat werden ab Januar etwas andere Filme gezeigt.

In Morbach öffnet Anfang des Jahres 2019 das mit 30 Plätzen und 40 Quadratmetern nach Angaben des Betreibers Alfons Schramer kleinste Kino in Rheinland-Pfalz seine Pforten: das Kino Heimat in Morbach. Es befindet sich unmittelbar neben dem Café Heimat. Dort, wo bis vor kurzem Besucher auf der Terrasse des Cafés saßen und ihre Heißgetränke genossen.

Konzept Im Mittelpunkt der neuen cineastischen Einrichtung steht das Lebenswerk von Edgar Reitz. Schließlich befindet sich das Kino in der unmittelbaren Nachbarschaft des Café Heimat, das im Elternhaus des gebürtigen Morbachers entstanden ist und in dem sich auch eine kleine und feine Ausstellung über Leben und Werk des Regisseurs der weltberühmten „Heimat“-Trilogie befasst, die mit 54 Stunden Spieldauer zu den „umfangreichsten erzählerischen Werken der Filmgeschichte gehört.

Der Zusammenhang ist allerdings noch unmittelbarer: Denn dort, wo jetzt das Mini-Kino steht, befand sich früher die Garage der Familie Reitz, in der der junge Edgar den Nachbarskindern seine ersten selbstgedrehten Filme auf einer Leinwand aus Bettlaken zeigte. Dennoch will Schramer kein „Reitz-Kino“ machen, sprich ausschließlich Filme zeigen, die der Hochschulprofessor selbst gedreht hat. Im Progammkino sollen „andere Filme anders gezeigt werden“, sagt der 55-Jährige weiter. Kinderfilme sollen dort ebenso ihren Platz haben wie Filme, die höchste internationale Auszeichnungen erhalten haben. Einen Vorgeschmack auf das künftige Programm erhalten Filmfreunde am Eröffnungswochenende, 11. bis 13. Januar (siehe Info).

Schramer denkt auch an Sparten wie „Filme schauen und Sprache lernen“ (Filme in Originalfassung) oder eine Reihe „Wie funktioniert die Welt wirklich“. Dokumentationen, sozialkritische Filme und Filme mit gesellschaftlicher Relevanz sind nach Angaben des alleinerziehenden Vaters Bausteine des Kino-Heimat-Konzeptes. Vor allem soll das Kino auch ein Treffpunkt der gelebten Kommunikation werden. Oder wie es der gelernte Chemikant und Bürokaufmann ausdrückt: „In Morbach soll der Film nicht mit dem Abspann enden.“ Diskussionen sind erwünscht. Die Gäste dürfen, ja sollen auch Einfluss nehmen aufs Programm.

Sie können sich künftig Filme wünschen. Auch Vereine oder gesellschaftliche Gruppen sollen sich einbringen. Ist keine Vorstellung, steht der Kinosaal den Besuchern des Cafés zur Verfügung.

Ambiente und Technik Dass die Kino-Sessel mit echten Kaffeesäcken bezogen sind, hat einen Grund. Die Ausstattung erinnert nicht nur an das benachbarte Café, sondern auch die Kaffeerösterei, die Schramer unter dem Label „Mondo del Caffè“ in Echternach betreibt ebenso wie das Trierer Kaffeehotel Christophel und das Café Palmengarten in Trier-Nord.

Insgesamt beschäftigt Schramer 84 Mitarbeiter, sechs davon in Morbach. Im Kino Heimat ist laut Schramer die „modernste Kino-Technik“ verbaut. Selbst wenn man in der ersten Reihe sitzt, sei das Bild superscharf und habe keine Pixel. Es gibt einen 4K- und HDR-fähigen Laserbeamer. Die Software ermöglicht das Abspielen aller Digital-Film-Formate.

Programm am Eröffnungswochenende

Das Kino Heimat wird am Freitag, 11. Januar, in Anwesenheit von Edgar Reitz eröffnet. Die offizielle Feier beginnt um 14 Uhr im Festzelt. Zuvor gibt es ab 13 und ab 13.30 Uhr den Kurzfilm „Geschwindigkeit“ von Edgar Reitz zu sehen. Um 18.30 und 20.30 Uhr geht es weiter mit dem Streifen „Die Reise nach Wien“ mit einer Einführung des Regisseurs.

Am Samstag, 12. Januar, wird abends „Die andere Heimat“ gezeigt, in der der Filmemacher die Geschichte einer Familie aus dem Hunsrück im 19. Jahrhundert behandelt.

Am Sonntagabend, 13. Januar, steht ab 18 Uhr aus „Heimat 1“ der Teil 9 „Hermännchen“ auf dem Programm.

An allen drei Tagen wird zudem ein Programm internationaler Kurzfilme gezeigt, unter anderem von Edgar Reitz.

Meinung

Eine Chance für Morbach
von Ilse Rosenschild

In Zeiten, wo anderswo Infrastruktur in großem Stil abgebaut wird, beschreitet ein Geschäftsmann in Morbach einen ungewöhnlichen Weg: Er baut ein Kino. Und nicht irgendein Kino, sondern ein Programmkino auf 40 Quadratmetern und mit 30 Kinosesseln. Zugegeben, ein ungewöhnliches Konzept. Das große Geld wird Alfons Schramer dort nicht verdienen. Das weiß er auch. Stattdessen verwirklicht er sich einen Traum und schafft eine Begegnungsstätte für Menschen, die Filme mögen und sie nicht nur konsumieren wollen. Es ist ein Angebot für die verschiedensten gesellschaftlichen Gruppen, die sich in der Biergasse treffen und das Programm mitgestalten wollen. Das ist eine Chance, wie sie ein Ort in der Größenordnung von Morbach wohl nur selten bekommt. Auch für die Touristiker ist das ein Pfund, mit dem man wuchern muss.

Quelle: 18. Dezember 2018, Trierischer Volksfreund, Ilse Rosenschild
Foto: Ilse Rosenschild

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