Morbach. Die Gemeinde Morbach schafft neue Stellen für Kultur und Marketing in Kanälen der sozialen Medien. Die Uni Trier übernimmt die wissenschaftliche Führung des Archäologieparks Belginum.
Archäologiepark, Kultur, Engagement in sozialen Medien: In Morbach stehen die Zeichen auf Veränderung. „Es ist eine Neuausrichtung von Kultur und Tourismus, die wir angehen“, sagt der Morbacher Bürgermeister Andreas Hackethal in der jüngsten Sitzung des Morbacher Gemeinderats (der Volksfreund berichtete kurz). So sollen beide Bereiche voneinander getrennt werden, damit die Tourist-Info ihrem Kerngeschäft wieder mehr nachkommen kann, sagt er. Zudem soll die Gemeinde Morbach bereit gemacht werden für soziale Medien, die der Bürgermeister mit Kultur verbunden wissen will. „Wir können Weichen stellen und eine Neuausrichtung vornehmen“, sagt er. „Corona hat gezeigt: Kultur ist ein wichtiges Element in unserer Gesellschaft. Das merkt man dann, wenn sie fehlt.“ Deshalb will er eine Einrichtung etablieren, die Kulturelles fördert, neue Konzepte entwickelt, Sonderprojekte umsetzt und eine breite Vermarktung anstrebt sowie Fremdmittel akquiriert. Von der Unterstützung profitiere die Morbacher Museumslandschaft.
„Kultur soll sichtbar und emotional umgesetzt werden“, sagt Hackethal. Der Fokus ist dabei auf eine breite Öffentlichkeit und die kulturelle Teilhabe der Bürger gerichtet. „Es sollte Ziel sein, dass es keinen Morbacher gibt, der noch nicht in Belginum war“, sagt er. Im Tourismusbüro mit Sitz im Morbacher Rathaus bleibt die Personalstärke mit zwei Vollzeit- und einer Teilzeitkraft unverändert. Im Kulturzentrum Belginum, wie es in der Sitzung genannt wird, ist künftig der Sitz einer Vollzeitstelle Leitung Kultur/Marketing sowie eine halbe Stelle für Social Media und zwei Teilzeitstellen für die Counterkräfte. Dort können auch Vereine Unterstützung finden.
Die wissenschaftliche Leitung für den Archäologiepark Belginum übernimmt die Professur für provinzialrömische Archäologie der Uni Trier, die dort neu eingerichtet werden soll. Die bisherige wissenschaftliche Leiterin, Dr. Rosemarie Cordie, geht im Herbst in Ruhestand, so dass diese Stelle frei wird. Das Personal wird also rechnerisch um 0,6 Kräfte aufgestockt. Der Stellenzuwachs soll für Social-Media-Aktivitäten der Gemeinde genutzt werden. Dazu kämen zum Archäologiepark externe Einflüsse wie der Hochmoselübergang. „Wo kommen die Leute an? In Belginum“, sagt er.
Prof. Dr. Torsten Mattern von der Uni Trier sagt, die bisherige Kooperation zwischen der Uni und der Gemeinde habe reiche Früchte getragen. Dazu gehöre beispielsweise die Großgrabung vor dem Neubau des Kreisverkehrs. „Tourismus hat auch Bedeutung für die Archäologie“, sagt er.
Die Fraktionen im Gemeinderat begrüßen das neue Konzept. „Es bietet sich eine Chance, einen Umbruch einzuleiten“, sagt Manuel Blatt von der CDU. Er sieht in der Trennung von Kultur und Tourismus aber auch Risiken wegen des möglichen Verlusts von Schnittstellen. „Wir folgen gerne der Idee, es hat was Visionäres“, sagt Frank Klein von der FDP. Achim Zender von den Freien Wählern betont, auch die Baldenauhalle müsse ins Kulturkonzept mit eingebunden werden. Die Verbindung zur Tourist-Info müsse weiterhin gewahrt bleiben. Tobias Schwarz von Bündnis90/ Die Grünen sagt, die Vereine sollten von der neuen Kulturstelle mehr Unterstützung bekommen, beispielsweise bei Genehmigungen und Anträgen. Hermann Moseler von der SPD führt die Kosten des Museums an. „180 000 Euro Aufwendungen sind keine geringe Summe“, sagt er. Trotz hochkarätigem Personaleinsatz lägen die Besucherzahlen unter 10000 pro Jahr. „Mit Kulturarbeit ist kein Geld zu verdienen, aber wir dürfen die Wertschöpfung nicht außer acht lassen“, entgegnet Hackethal.
Meinung
von Ilse Rosenschild
Chapeau! Die Umstrukturierung von Tourismus und Kultur in der Einheitsgemeinde Morbach ist eine rundum gelungene Sache. Mit der künftig personell und räumlich getrennten Struktur der beiden Bereiche gibt es nur Gewinner.
Denn beide Abteilungen können sich nun besser fokussieren. Davon wird der Fremdenverkehr in der Einheitsgemeinde ebenso profitieren wie die Kultur. Vor allem bei Letzterem kann dort sicher mehr konzeptionell gearbeitet werden als bisher. Endlich können (und müssen) Fragen wie diese gestellt und beantwortet werden: Was will man in der Gemeinde mit der Kulturarbeit erreichen? Mit welchen Angeboten? Wo will man beispielweise in zehn Jahren stehen? Wie sollen die Konzepte aussehen? Aber auch: Was ist an Kultur längst da, auch im ehrenamtlichen Bereich? Wie kann man das fördern und vernetzen? Denn schließlich haben wir alle spätestens in Corona-Zeiten gemerkt, dass Kultur kein Randphänomen ist, für das Zeit und Geld nur aufgewendet wird, wenn etwas übrig ist. Kultur ist wichtig. Und Kultur ist auch „systemrelevant“, wie es heute so schön heißt. Konzerte, Ausstellungen, Lesungen, Festivals, Kino und vieles mehr sind weiche Standortfaktoren und oft mitentscheidend, wenn sich Menschen für einen Arbeitsplatz und Wohnort im Hunsrück entscheiden. Bemerkenswert ist das in diesen Zeiten, wo auch in Morbach wegen der Pandemie Einnahmen wegbrechen. Natürlich kann man mit einem guten Plan auch die Museumslandschaft deutlich besser in Wert setzen, ohne die Arbeit derer zu schmälern, die sich in der Vergangenheit und Gegenwart in den Museen engagieren.
Und klar: Tue Gutes und rede darüber, gilt auch hier. Die Kommunikation über soziale Medien zu vernachlässigen, kann sich heute keine Kommune mehr leisten. Und diese Arbeit an einer Stelle zu fokussieren, macht auch Sinn.
Wichtig ist: Die Archäologie darf darunter nicht leiden. Denn Belginum ist einzigartig. Dort kann man 800 Jahre Siedlungsgeschichte von Römern und Kelten an einem Ort nachweisen, der nicht mehr überbaut und verändert wurde. Und der Archäologiepark zeigt genau an diesem Platz, wie die Menschen damals im Hunsrück gelebt haben. Der Weggang von Dr. Rosemarie Cordie ist eine tiefe Zäsur. Diese Lücke wird man nicht so einfach schließen können. Garant für Grabungen und Forschungsarbeit ist künftig die Universität Trier, die mit der Professur für provinzialrömische Archäologie die wissenschaftliche Leitung übernimmt.
i.rosenschild@volksfreund.de
Quelle: 01. Juli 2020, Trierischer Volksfreund, Christoph Strouvelle/Ilse Rosenschild
Foto: Christoph Strouvelle
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